Von Den Helder nach Ramsgate in England

Leider stimmte die Windvorhersage überhaupt nicht. Anstelle von moderatem Wind aus östlichen Richtungen, der uns genau Richtung Lowestoft bzw. weiter westlich Ramsgate gebracht hätte, schlief der Wind nach ca. 1,5 Stunden komplett ein und wir starteten den Motor. Leider änderte sich dies für den Rest der Fahrt nicht mehr. Lediglich in den letzten 2 Stunden bekommen wir Wind, allerdings eher aus westlichen Richtungen und wir wären gezwungen gewesen, zu kreuzen. Da wir zu diesem Zeitpunkt doch schon ziemlich müde waren, liessen wir den Motor weiterlaufen, um möglichst schnell unser Ziel zu erreichen und dann Schlaf nachholen zu können.

Unterwegs wurden wir einmal per Funk angerufen und gebeten, eine Ölplattform in größerem Abstand zu passieren als wir ursprünglich geplant hatten. Danach kamen wir lediglich noch einmal in einem Verkehrstrennungsgebiet in eine unübersichtliche Situation, da man dort dabei war, ein Unterseekabel quer durch dieses Gebiet zu verlegen. Das Ganze natürlich nachts, um 01:30! Wir sahen zunächst lediglich jede Menge Lichter, deren Bedeutung uns aber nicht wirklich verständlich war; eine Warnung bspw. über NAVTEX hatte es dazu nicht gegeben . Erst als wir schon sehr nah an der "Baustelle" waren, wurden wir von einem Begleitschiff sehr deutlich darauf hingewiesen, doch bitte diesen Bereich  weiträumig zu umfahren. In der Regel haben Fahrzeuge im TSS immer Vorfahrt, sodass wir wirklich nicht auf die Idee kamen, hier könnte es anders sein.

- Wieder 'was dazu gelernt!

Mit einem Kurs von ca. 230° mussten wir kein Verkehrs-Trennungsgebiet (TSS) kreuzen, weder die Ausfahrt von IJmuiden noch andere und in jenes von North Hinder (Einfahrt in die Themse) konnten wir uns recht einfach am rechten "Rand" einfädeln. [TSS wurden in Regionen mit sehr viel Schiffsverkehr eingeführt, vergleichbar mit Autobahnen. Die Fahrtrichtung ist in den Seekarten angezeigt und zusätzlich durch eine 'rote Zone' getrennt. Die TSS auf unserem Weg (North Hinder South) führt südlich von Harwich zur Strasse von Dover führt, sichert die über 30sm breite Bucht der Themse.  Um die Dimensionen zu verstehen, allein unsere Fahrbahn nach Südwest war über 4sm, also ca. 7km breit. Man kann sie selbst mit den Segelboot gut nutzen, wie wir es taten. Nur das Queren ist immer etwas schwierig, besonders bei viel Verkehr, da man im rechten Winkel, also 90° zügig durchfahren sollte. Das Einhalten dieser internationalen Vereinbarungen wird über Satellit überwacht.]

 

Wir kamen um 10:15 Ortszeit an. Doch kurz nach unserer Ankunft stellte sich heraus, dass wir neben kleineren technischen Schwierigkeiten/ Fragen ein Computerproblem haben, welches wir vor unserer Weiterfahrt noch lösen müssen. Alles soweit geklärt und wir hoffen, dass der PC am Montag wieder tut und wir dann weiter können. Ein kurzer Schlag nach Dover (15sm) und dann von dort ein längerer Schlag weiter Richtung Westen, - je nachdem wie es läuft, bis Eastbourn 45sm, Newhaven 58sm oder bis Brighton 65sm und so weiter...

 

Zwischenzeitlich haben wir uns die Zeit mit sehr leckerem indischen Essen (gehen), kochen, Stadtbesichtigungen und kleinen Ausflügen in die Umgebung (Margate, Westwood) vertrieben. Fazit: Mit Ramsgate haben wir es nicht zu schlecht getroffen.

 


Letzte Vorbereitungen

Am nächsten Tag stand dann das Kompensieren des neuen Kompasses an. Der neue 'Cassens und Plath', der bekannte Hersteller mit Sitz in Bremerhaven(!)  ist zwar extra für Stahlschiffe vorgesehen, aber kompensieren muss man ihn trotzdem, da der auf jedem Schiff verbaute Stahl (Wanten, Winschen und Motor) den Kompass beeinflussen. 

Die Anleitung hatten wir im Internet gefunden und es hat auch genauso wie beschrieben funktioniert. Die größte Schwierigkeit war noch einen Schraubendreher, der nicht aus Stahl ist, zu finden. Ein Nachbar hatte uns einen kleinen aus Alu gefeilt, der sich allerdings als zu weich herausstellte. Letztendlich haben wir einen kleinen Schraubendreher genommen, schnell die Justier-Schrauben in die richtige Richtung verstellt und dann schnell wieder 'versteckt'.so hat es dann geklappt. Dann noch die Ablenkungstabelle, also die restlichen Auswirkungen, die man bei der Kursberechnung berücksichtigen muss.
Und am 25. Juni die Einweisung in den 'Parasailor', zu der Tom Wibberenz aus Hamburg anreist und an der auch Andreas interessiert ist. Der heute vorherrschende Wind von 2-3 Knoten ist hierfür optimal. Es sind noch die zusätzlichen Beschläge anzubringen und dann zeigt uns Tom Schritt für Schritt wie man das große Segel anschlägt. Es funktioniert ähnlich wie ein Spinaker, nur dass der Parasailor in der oberen Hälfte zusätzlich ein Kite eingebaut hat und dieses für eine enorme Stabilität des Segels vorm Wind sorgt, er fällt also lange nicht so schnell ein, wie sonstige Vor-Windsegel. Also wirklich gut geeignet für lange Strecken und mir wenig Wind. Normalerweise müsste man in solchen Situationen bereits den Motor nutzen, um gut voranzukommen.
Also - alles in der richtigen Reihenfolge und richtig angeschlagen, fängt dann auch schon dieses echt schönes Segel den Wind - wow (!!!) - das ist beeindruckend. Und es funktioniert, wie vorgesehen. Spitze! Noch einmal hin und zurück, probieren, wie Cassandra damit läuft, Andreas filmt, damit wir später bei Erinnerungslücken auf sein Video zurückgreifen können ...